Bad Lippspringe.

Im Einsatz für Griechenland. Detlef Seidel hilft ausgewandertem Bruder und dessen Dorf auf dem Peloponnes.{gallery}news/2016/160707bl{/gallery}

 

Bad Lippspringe (WV). Brüderliche Hilfe kennt keine Grenzen. Und wenn dann noch die Bad Lippspringer Feuerwehr mit dem Bürgermeister helfend unterstützt, kann einem kleinen Dorf in Griechenland geholfen werden
Erhard Seidel hat sich inzwischen wieder auf den Heimweg gemacht. Von Bad Lippspringe bis in den Süden Griechenlands sind es mehr als zweitausend Kilometer. Die Rückreise erfolgt nicht per eigenem Pkw, Bahn oder Flugzeug. Nein, Seidel sitzt am Steuer eines Krankentransportfahrzeugs, auf das die Menschen in seinem Heimatort dringend warten.
 

Agios-Nikolaos ist ein kleines  Dorf auf der griechischen Halbinsel Peloponnes. Erhard Seidel lebt hier seit mittlerweile zehn Jahren. Wie viele seiner Nachbarn hat er sich dem Anbau von Oliven verschrieben. Das daraus kalt gepresste Öl exportiert er das Jahr über auch in seine alte Heimat nach Deutschland. Die ländliche Idylle wurde 2007 durch ein Großfeuer zerstört, viele Bauern verloren damals ihre berufliche Existenz. »Um die großflächigen Brände  bekämpfen zu können, musste die Berufsfeuerwehr aus dem 50 Kilometer entfernten Kalamata anrücken«, erinnert sich Seidel im Gespräch. Wichtige Zeit ging verloren.
 

In dieser Situation entschlossen sich die 300 Einwohner von Agios-Nikolaos und zwölf angrenzenden Dörfern, eine eigene freiwillige Feuerwehr zu gründen. Sie zählt aktuell 30 aktive Mitglieder. Mit staatlicher Hilfe kann die Wehr nicht rechnen. Einsatzfahrzeuge, Atemgeräte oder Schutzanzüge zum Beispiel müssen komplett aus eigener Tasche bezahlt werden. Und das kostet. »Aber bekanntlich macht Not erfinderisch«, sagt der Auswanderer und lächelt verschmitzt.
Der 63-Jährige hat zwei Geschwister, die in Deutschland leben. Die Drei stehen bis heute in engem Kontakt. Als sein Bruder Detlef Seidel, der in Bad Lippspringe zuhause ist und sich viele Jahre im Ehrenamt engagiert hat, von den Sorgen und Nöten der Feuerwehr in Agios-Nikolaos erfuhr, bot er spontan seine Unterstützung an: »Ich habe mich wenig später mit Bürgermeister An­dreas Bee in Verbindung gesetzt und gefragt, ob die örtliche Feuerwehr den griechischen Kollegen nicht helfen könnte.« Die Bitte stieß bei Bee und Wehrführer Michael Heck auf offene Ohren.

In den folgenden Monaten hat die Feuerwehr nach geeigneten Gerätschaften Ausschau gehalten. Die Suche war am Ende erfolgreich: Zwei ausgemusterte Hy­draulikgeräte, mehr als 20 Jahre alt, konnten Erhard Seidel und der Wehr von Agios-Nikolaos überlassen werden. Bei den beiden Geschenken handelt es sich um eine Rettungsschere und einen -spreizer, die immer dann zum Einsatz kommen, wenn eine verunglückte Person aus einem Pkw befreit werden muss. Auch ältere Dienstbekleidung hat die Bad Lippspringer Feuerwehr aussortiert und mit auf die Reise nach Griechenland geschickt.

Dank glücklicher Umstände ist die griechische Feuerwehr nun auch in den Besitz eines dringend benötigten Rettungsfahrzeugs gekommen. Von Michael Heck erfuhr Seidel, dass die Kreisfeuerwehr auf dem Flugplatz Ahden acht Fahrzeuge ausgemustert hat, darunter auch einen Krankentransportwagen. »Den zu bekommen, war unsere große Hoffnung und unser Ziel«, so Erhard Seidel.
Den Kontakt zu den verantwortlichen Stellen beim Kreis Paderborn stellte Bürgermeister Andreas Bee her. »Die Preisvorstellungen unserer Partner waren mehr als akzeptabel und entsprachen unseren Möglichkeiten«, meint Seidel rückblickend. Die Feuerwehr von Agios-Nikolaos finanziere sich ohne staatliche Zuschüsse weitestgehend aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen.

Der Krankentransportwagen, Baujahr 2009, hat etwa 320 000 Kilometer auf dem Buckel und ist nach Aussage Seidels sehr gut gewartet. Zusammen mit seinem Bruder Detlef hat der 63-Jährige das Fahrzeug vor wenigen Tagen aus Ahden abgeholt und erlebte dabei eine Überraschung. »Als großzügige Zugabe fanden wir im Fahrzeuginneren eine leicht betagte, dennoch aber sehr gut brauchbare Krankentrage vor. Über dieses Geschenk des Kreises haben wir uns natürlich sehr gefreut«, sagt Seidel zum Abschied. Inzwischen, nachdem letzte Formalitäten geklärt sind, hat der Mann aus Agios-Nikolaos wieder die Heimreise angetreten.

Westfälisches Volksblatt von Klaus Karenfeld