18. Juni. Delbrück.

Hilfe überwindet Grenzen – hohe Ehrung für Johannes Grothoff. Delbrücker Konvoi bringt Güter erfolgreich ins ukrainische Lwiw.

 
Delbrück. Hilfsgüter im Wert von annähernd 250.000 Euro hat eine Gruppe aus Delbrück im Konvoi in die ukrainische Metropole Lwiw gebracht. Dort freuten sich Feuerwehrleute sowie Ärzte und Pfleger über die Sachspenden. Diese werden dringend im Krieg gebraucht. Das Delbrücker Team um Johannes Grothoff hatte zuvor bereits drei Hilfskonvois organisiert.
 
„Wir haben im Vorfeld immer wieder überlegt, ob wir tatsächlich in die Ukraine reinfahren oder wir die Hilfsgüter an der Grenze übergeben. Doch bei den Werten, die wir transportiert haben, wollten wir eine persönliche Übergabe in Lwiw organisieren. Die vielen Eindrücke, aber auch die Dankbarkeit der Menschen in Lwiw haben mich sehr bewegt“, sagt Johannes Grothoff und ist glücklich, dass der inzwischen vierte Delbrücker Hilfstransport und die erste Fahrt in die Ukraine so erfolgreich waren.
 
Zwei komplett ausgestattete Feuerwehrfahrzeuge, technische Ausrüstung, hochwertige Medizintechnik, Medikamente und Verbandsmaterial im Gesamtwert von nahezu 250.000 Euro wurden in der 800.000-Einwohner-Metropole Lwiw übergeben. Die Großstadt, auch als Lemberg bekannt, liegt im Nordwesten der Ukraine, nur gut 70 Kilometer von der polnisch-ukrainischen Grenze entfernt. Bei der Abfahrt in Delbrück lagen gut 1300 Kilometer vor dem zwölfköpfigen Helferteam.
 
Während sich in den Tagen zuvor Johannes Grothoff und Martin Steffens um die Feuerwehrausstattung gekümmert hatten und viele helfende Hände, darunter jene von Ferdinand Brockmeier, die Fahrzeuge wieder flott gemacht hatten, hatte sich Hermann-Josef Schulte um die medizinischen Geräte gekümmert. Geräte zur Versorgung großflächiger Brandwunden, ein Wundspreiz-System, ein Kompressor inklusive Luftaufbereitungsanlage zur Herstellung von Atemluft für Beatmungsgeräte sowie ein Beatmungsgerät, drei Defibrillatoren und weiteres Gerät fanden in den drei Sprintern und Anhängern sowie dem Bulli Platz.
 
Nach gut 16 Stunden Fahrt wurde in unmittelbarer Nähe der Grenzstation im Zuge der Europastraße 40 übernachtet. Tags darauf ging es an die Grenze. Die angespannte Stimmung war deutlich zu spüren. Keiner wusste, was die Gruppe erwartete. Am Ende waren es fünf anstrengende Stunden bei der Einreise in die Ukraine. Der ukrainische Zoll prüfte, ob bei den eingeführten Dingen nicht auch für das Militär geeignete Gerätschaften dabei sind. Diese wären dann sofort beschlagnahmt worden. Dies drohte kurzzeitig auch dem medizinischen Kompressor. Dokumente belegten aber, dass das wertvolle Gerät für das Scheptyzkyi-Hospital in Lwiw bestimmt war und von dort als Unterstützung für den in Aufbau befindlichen neuen OP gewünscht wurde
 
Direkt hinter der Grenze wurde die Gruppe von Pastor Andriy Luin, der das einzige kirchliche Krankenhaus in der Ukraine leitet, und dem stellvertretenden Feuerwehrkommandanten der Stadt Lwiw, Vitaliy Olsns in Empfang genommen. Schnell war klar, die Gruppe bewegt sich in einem Land, in dem Krieg herrscht. Schon auf den ersten Metern standen Panzersperren am Straßenrand, und auf der Fahrt über die Europastraße waren alle paar hundert Meter Maschinengewehre zu sehen, die mit Sandsäcken gesichert waren, getarnte Stellungen und immer wieder Panzersperren. Auffällig und bedrückend waren die vielen frisch angelegten und mit gelb-blauen Fahnen geschmückten Gräber auf den Friedhöfen entlang der Hauptverkehrsader.
 
Die erste Station war das 1903 eröffnete Scheptyzkyi-Hospital, das derzeit erweitert wird. „In zwei Monaten wollen wir einen neuen OP-Bereich einsatzbereit haben. Außerdem wollen wir einen Bereich für Ergo- und Physiotherapie eröffnen“, so Andriy Luin. Allerdings sei es mühsam, den Krankenhausbetrieb aufrecht zu erhalten. 
 
Viele Ärzte und Krankenschwestern seien in Lazarette an der Front versetzt worden. Der Krieg hat auch bei dem jungen und sehr freundlichen Mann seine Spuren hinterlassen. Ihm ist kaum ein Lächeln anzumerken, doch als die Geräte entladen werden, löst sich die Anspannung für einen Moment. Auch Andriy Luin lacht. Ihm fehlen die Worte. Einzelne medizinische Geräte werden sofort von einer Krankenschwester mitgenommen und desinfiziert „Die sind ab morgen bei den Patienten im Einsatz. Damit retten wir Leben“, sagt die Schwester unter Tränen.
 
Da viele Ärzte im Kriegseinsatz sind, ist die Freude im Hospital besonders groß, dass mit der neuen Technik auch mit weniger Personal operiert werden kann. So haben Hermann-Josef Schulte und die Firma Condor ein Beatmungsgerät gespendet und weitere Technik in unzähligen Gesprächen zu günstigen Konditionen für die Delbrücker Ukraine-Hilfe erhalten können. Außerdem wurden diverse Medikamente, sterile OP-Abdeckungen und vieles mehr übergeben.
 
Dankbare Feuerwehr
Vom Krankenhaus ging es weiter zur Hauptwache der Lwiwer Feuerwehr. Hier wurden die beiden komplett ausgestatteten Feuerwehrfahrzeuge überreicht. Zudem wurden Hochleistungslüfter, Tragspritzpumpen, Schläuche, Einsatzkleidung, Atemschutzgeräte, Spezialausstattung für Gefahrstoffeinsätze übergeben. Auch hier war die Dankbarkeit riesig. Stellvertretend für die Helfergruppe erhielt Johannes Grothoff eine hohe Auszeichnung der Feuerwehr Lwiw. Der stellvertretende Distrikt-Kommandant Mykola Gumenyk überreichte dem Delbrücker das bronzene St. Florianskreuz der Feuerwehr. „Für herausragende Hilfe in schweren Kriegszeiten“, ließ er übersetzen.
 
Spendenkonto
Johannes Grothoff versprach, dass der vierte Hilfstransport aus Delbrück nicht der letzte sein wird, auch wenn die Zollabfertigung auf der Rückreise weitere drei Stunden Zeit in Anspruch nahm. Spenden und Hilfsgüter werden für einen neuen Transport gesammelt. Zudem bittet die Delbrücker Ukraine-Hilfe weiterhin um Spenden, die auf das Konto des DRK-Stadtverbandes unter dem Stichwort Ukraine-Hilfe und der Bankverbindung DE67 4725 1740 0000 0111 14 überwiesen werden können.
 
Westfälisches Volksblatt von Axel Langer
 

Fotos Axel Langer: 

 
Das Scheptyzkyi-Hospital war die erste Station des Konvois. Der leitende Chirurg des Krankenhauses, der seinen Namen aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich nennen wollte, dankte Hermann-Josef Schulte (rechts) für die Spenden. Der Arzt kam dafür eigens wenige Minuten nach der Geburt seines ersten Kindes ins Hospital. 
 
Sichtbar gerührt nahm Johannes Grothoff das St. Floriankreuz in Bronze als Dank für die herausragende Hilfe für die Feuerwehr und den Rettungsdienst in Lwiw vom stellvertretenden Regionalkommandanten der Feuerwehr, Mykola Gumenyk, entgegen.
 
Schlüsselübergabe für das Löschfahrzeug während der Einweisung der ukrainischen Feuerwehrleute in die Technik: Johannes Grothoff Junior (links) übergibt den Schlüssel an Vitaliy Olsns, den stellvertretenden Leiter der Stadtfeuerwehr von Lwiw. Olsns hatte die Gruppe aus Delbrück zuvor von der Grenze abgeholt.
 
Hilfsgüter im Wert von annähernd 250.000 Euro wurden mit einem Konvoi von Delbrück in die ukrainische Metropole Lwiw gebracht. Die Feuerwehrfahrzeuge wurden im Innenhof der 1901 erbauten und topgepflegten Hauptfeuerwache von Lwiw übergeben