21. Oktober. Delbrück Westenholz.

Mit rund 250 Einsatzkräften hat die Feuerwehr Delbrück in einer Alarm- und Einsatzübung die Bekämpfung eines massiven Industriebrandes mit Menschenrettung bei dem Westenholzer Betrieb Erkelenz Glas geprobt.

 

Delbrück-Westenholz. Der Betrieb hat sich auf die Herstellung und Veredelung von Glastüren spezialisiert. Bei der Übung unter verschärften Einsatzbedingungen lief nicht alles wie am Schnürchen, und das ist nach Ansicht von Johannes Grothoff, Leiter der Feuerwehr Delbrück, auch gut, denn „nur wenn wir Fehler erkennen, können wir sie auch abstellen“. Um 13.42 Uhr wurde die Feuerwehr alarmiert. Das Übungsdrehbuch ging als Ausgangslage von einer unklaren Rauchentwicklung nach einem Blitzeinschlag aus, der zu einer Überspannung in der Stromversorgung führte, die einen ausgedehnten Brand in einer Produktionshalle ausgelöste.

Zunächst wurde die Feuerwehr unter dem Stichwort „Feuer 2, unklare Rauchentwicklung“ alarmiert. Parallel zu den Kräften des Löschzugs Westenholz rückte auch der diensthabende Einsatzleiter Heinz Noje, stellvertretender Leiter der Feuerwehr aus, der als Erster am Einsatzort eintraf. Dort erfuhr er um 13.47 Uhr, als er die Lage erkundete, neben der Größe des Brandes auch von fünf Vermissten in einem angrenzenden Bereich, der ebenfalls verraucht war. Und so konzentrierten sich ab 13.48 Uhr eintreffenden Westernholzer Kräfte zunächst auf die Menschenrettung.

Anschließend rückte der Löschzug Delbrück nach einer Erhöhung des Alarms auf „Feuer 3“ zur Unterstützung nach. Später, als das Einsatzstichwort auf „Feuer 4, Industriebrand“ erhöht worden war, fuhren alle Einheiten der Feuerwehr Delbrück und auch die Nachbarn aus Rietberg ins Grenzgebiet zwischen Westenholz und Mastholte zum Blockweg aus. Ebenso Einsatzkräfte des DRK mit ca 40-50 Kräften. Zuvor hatten sie bereits "vermisste" Darsteller realistisch geschminkt und übernahmen die, "Verletzten Sammelstelle". Die Feuerwehr Hövelhof stand bereit, falls es im Stadtgebiet Delbrück während der Übung zu einem Realeinsatz kommen sollte.

Der Knackpunkt der Übung lag bei der schlechten Wasserversorgung. Wegen anhaltender Trockenheit ging das Übungsdrehbuch von einem Versagen des öffentlichen Wassernetzes aus. In Delbrück kam es in der Tat in den vergangenen Sommern wiederholt zu einer Wasserknappheit, und Gartenbewässerung und Poolfüllungen wurden untersagt. Schon im Normalfall sind die 80-er Leitungen in der Mastholter Straße nicht besonders leistungsfähig. Das weiß auch Unternehmer Uwe Erkelenz, der in seiner Firma rund 80 Mitarbeiter beschäftigt. Deshalb hat er eine Zisterne angelegt, die rund 120.000 Liter Wasser fasst. Die sollen ausreichen, bis die Feuerwehr eine leistungsfähige Wasserversorgung aufgebaut hat. Dazu sollte eine rund anderthalb Kilometer lange doppelte Schlauchleitung zum Haustenbach am Kirspelpfad verlegt werden.

Während der Aufbauzeit sollte ein Pendelverkehr mit Tanklöschfahrzeugen zum Mastholter See im Bereich Köttmers Kamp und Randweg für das nötige Löschwasser sorgen. Ein 10.000 Liter-Container an der Einsatzstelle diente als Wasserpuffer. Bis ein solcher Pendelverkehr störungsfrei läuft, dauert es rund eine halbe Stunde, und für jede Runde eines Fahrzeuges muss die gleiche Zeit kalkuliert werden. Heikler gestaltete sich die Schlauchverlegung zum Haustenbach. Dort mussten rund 160 gekoppelte Schläuche von Hand im Schritttempo verlegt und zwei Verstärkerpumpen in die Strecke eingebaut werden. Bis das erste Wasser aus dem Bach – zunächst nur über eine Schlauchleitung – erreichte, vergingen mehr als anderthalb Stunden.

Auch der Verstärkerbetrieb mit mehreren Pumpen verlief nicht störungsfrei. „Das müssen wir üben, das muss routinierter werden“, resümierte Wehrführer Grothoff. Und Üben heißt eine vertiefende Ausbildung im Maschinistenbereich. Übrigens: Mit dem Einschalten der Pumpen und dem Ansaugen von Wasser ist es nicht getan. Anders als am Wasserhahn in der Wohnung kommt dann noch kein Wasser am Leitungsende an. Bis eine anderthalb Kilometer lange Schlauchleitung Wasser liefert, dauert es rund 20 Minuten, denn bis die Schläuche komplett gefüllt sind, müssen erst rund 12 Kubikmeter Wasser eingespeist werden.

Die gute Nachricht: Die Zisterne bei Erkelenz lieferte zwei Stunden lang Wasser. Zu dem Zeitpunkt hatte sich die Wasserversorgung über Schlauchleitung und Pendelverkehr eingespielt, und die geforderten 2.000 Liter Löschwasser pro Minute kamen an der Brandstelle an. Das Übungsszenario mit Blitzeinschlag war auch treffend gewählt, denn 1980 vernichtete ein Blitzschlag ein historisches Hofgebäude auf dem Firmengelände, erinnert sich Firmenchef Uwe Erkelenz.

Bericht: Ralph Meyer VdF

 

Westfälisches Volksblatt von Axel Langer

Delbrück Westenholz.  Rund 250 Feuerwehrkräfte sowie 50 Helfer von DRK und Darsteller waren bei der Übung vor Ort. Erstmals hatte Heinz Noje die Einsatzleitung bei einer derartigen Großschadenslage inne. Übungsleiter war Johannes Grothoff. Um 13.42 Uhr heulten in Westenholz die Sirenen und der Löschzug Westenholz rückte aus. Schnell wurden weitere Kräfte angefordert, ehe schließlich alle sechs Löschzüge alarmiert wurden. Auch das DRK rückte aus, um mögliche Patienten zu versorgen. Eine zweite Drehleiter sowie weitere Fahrzeuge rückten aus Rietberg an.

Vorrangig kümmerte sich der Löschzug Westenholz nach intensiver Lageerkundung um die Menschenrettung. Unterstützung kam aufgrund der hohen Anzahl Vermisster aus Delbrück. Schnell wurden die teils erheblich Verletzten in einer verrauchten Halle gefunden und ins Freie geleitet. Hier wurde eine Sammelstelle errichtet, wo die (gespielt) Verletzten durch das DRK erstversorgt wurden. Eine zweite Produktionshalle des rund 80 Mitarbeiter zählenden Glasexperten stand in (simuliertem) Vollbrand. Hier war ein Innenangriff nicht mehr möglich.

Von zwei Drehleitern aus und mit mehreren Strahlrohren wurde der Brand bekämpft. Dazu waren große Mengen Löschwassers notwendig und wo war die Sicherstellung mit entsprechenden Wassermengen eines der wichtigsten Übungsziele. Während zunächst über die 130 Kubikmeter Löschwasser fassende Zisterne die Brandbekämpfung durchgeführt wurde, bauten Feuerwehrleute mit wasserführenden Fahrzeugen einen Pendelverkehr zum Mastholter See auf. Hier wurde eine Entnahmestelle eingerichtet und Wasser aus dem See gepumpt. Etliche Fahrzeuge pendelten auf einer eingerichteten Einbahnstraße zur Einsatzstelle, um das herangeführte Wasser in einen 10.000 Liter fassenden Zwischenspeicher zu pumpen, aus dem dann die Einsatzstelle versorgt wurde.

„Hier spürt man deutlich die Routine aus den letzten Jahren. Das ging zügig und funktioniert gut“, so das Fazit von Johannes Grothoff. Weniger zufrieden war Johannes Grothoff mit dem Aufbau einer Wasserversorgung über eine lange Wegestrecke von gut 1,5 Kilometern zum Haustenbach. Von Hand mussten etwa 160 gekoppelte Schlauchelemente verlegt werden. Etwa alle 500 Meter wurde eine Pumpe in die lange Schlauchleitung eingebaut, um den notwendigen Druck aufzubauen. „Eine derartige Schlauchleitung ist nicht so einfach eingerichtet. Erst wenn die Schlauchleitung mit rund 12.000 Kubikmetern Wasser gefüllt ist, kann sie Löschwasser abgeben. Das allein dauert rund 20 Minuten. Wird an der Einsatzstelle weniger Wasser abgenommen, merkt man das am Druck und muss nachsteuern. Da ist schon einiges an Erfahrung nötig“, fuhr Johannes Grothoff die Strecke ab.

Für viele junge Feuerwehrleute war es nach den Einschränkungen der Corona-Pandemie die erste derartige Großübung. Außerdem hat die Delbrücker Feuerwehr in den vergangenen Jahren den Fuhrpark grundlegend erneuert, sodass das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten trainiert werden sollte. „Die Kommunikation und das Zusammenspiel der einzelnen Löschzüge hat gut geklappt. Der Pendelverkehr war auch gut, der Ausfall einer Pumpe sorgte hier für Probleme. Die Zeitintensität des Einrichtens der langen Wegstrecke war anders geplant. Wir haben Punkte zum Nachjustieren identifiziert und werden daran verstärkt arbeiten“, hat Heinz Noje genau hingeschaut. Nach Übungsende wurde auch die Zisterne der Firma Erkelenz Glas wieder aufgefüllt. Nach Auskunft von Firmeninhaber Uwe Erkelenz ist das Übungsszenario der Feuerwehr durchaus realistisch, hat doch vor 43 Jahren am Firmenstandort der Blitz in ein Bauernhaus eingeschlagen.