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20. Mai. Delbrück.

Delbrücker Ukrainehilfe plant nächsten Hilfskonvoi. Großstadt Czernowitz bekommt eine Drehleiter.


Delbrück/Lichtenau/Erwitte. Rund 40 Feuerwehrfahrzeuge hat die Delbrücker Ukrainehilfe in neun Konvois seit Beginn des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine in das größte europäische Land gebracht. 
Schutzausrüstung für Feuerwehrleute, Medizintechnik oder Lebensmittel und Hygieneartikel gehörten genauso zu den Hilfsgütern wie Saatgut oder Malbücher. Nun wird gemeinsam mit der Freien Christengemeinde Lichtenau ein neuer Transport organisiert. Zielort in den nächsten Wochen ist Czernowitz im Süd-Westen der Ukraine.
Trotz zahlreicher gespendeter Feuerwehrfahrzeuge ist der Bedarf in der Ukraine groß. „Durch die Angriffe muss die Feuerwehr eine Vielzahl an Großbränden löschen, der Materialverschleiß ist sehr hoch“, erläutert Johannes Grothoff. Immer wieder werden aber auch Feuerwehrfahrzeuge bei den Bombardierungen getroffen. So wurde in den letzten Wochen in Charkiw ein Löschfahrzeug, das einst im Paderborner Ortsteil Dahl seinen Dienst versehen hat, bei einem Angriff zerstört. Bei dem Angriff wurden mit einer zweiten Raketenwelle auch mehrere Feuerwehrleute getötet.

Drehleiter aus Erwitte organisiert
„Die Stadt Czernowitz verfügt jedoch über keine Drehleiter. Da es dort eine historische Altstadt mit engen Straßen gibt sowie in den Wohnbereichen große Hochhäuser, kann nicht jedes Drehleiterfahrzeug die Anforderungen abdecken“, beschreibt Johannes Grothoff die Situation in der 260.000 Einwohner zählenden Stadt. Den Kontakt nach Czernowitz hat Pastor Heinrich Friesen von der Freien Christengemeinde aus Lichtenau vermittelt. Eine passgenaue Drehleiter wurde von der Stadt Erwitte zur Verfügung gestellt. Wir haben das mit den Fraktionen im Rat und der Feuerwehr Erwitte thematisiert und alle Beteiligten stehen hinter der Fahrzeugspende“, so Erwittes Bürgermeister Hendrik Henneböhl. Der Leiterpark der Drehleiter kann bis auf eine Höhe von 30 Metern ausgefahren werden und ist auf einem kompakten Mercedes-Benz-Fahrgestell montiert, sodass die Leiter auch in den engen Gassen der Altstadt eingesetzt werden kann.

Löschfahrzeug seit April im Einsatz
Bereits im April hat die Stadt Erwitte ein Löschfahrzeug zur Verfügung gestellt, das künftig im Nordwesten der Ukraine gelegenen Ternopil (215.000 Einwohner) seinen Dienst versehen soll. Der Renault Midlum besitzt einen 1500 Liter Löschwasser fassenden Tank und ist komplett ausgestattet. „Es ist genau richtig, die beiden Fahrzeuge in die Ukraine zu geben. Als Kommune können wir kaum anders helfen“, so Henneböhl bei der Übergabe der Drehleiter vor dem Rathaus. Die Stadt Erwitte beteiligt sich auch an den Überführungskosten für die Fahrzeuge. Geplant ist, den Transport über Lwiw, Ternopil und dann bis nach Czernowitz durchzuführen. Dabei setzten die Delbrücker, wie schon bei den bislang letzten beiden Transporten, auf die Expertise von Heinrich Friesen. Der Pfarrer der Freien Christengemeinde Lichtenau ist seit 35 Jahren in der humanitären Hilfe aktiv und in den vergangenen Monaten regelmäßig in das vom Krieg gezeichnete Land gefahren. Er organisiert die aufwendigen Zollformalitäten.

Schon die letzte Fahrt der Ukrainehilfe ging in die Region Czernowitz. „Die Feuerwehr in Lwiw hat im Augenblick einen großen Fuhrpark zur Verfügung und unterstützt die Hilfslieferungen an andere Feuerwehren“, laufen bei Johannes Grothoff und seinem Team die Planungen wieder an. Bereits beim jüngsten Hilfstransport waren die Kontakte in das ukrainisch-rumänische Grenzgebiet vertieft worden. Ein privat geführtes Flüchtlingsheim hat einen Transporter bekommen, mit dem täglich Essen aus einer 30 Kilometer entfernten, von Kolping betriebenen Küche geholt wird. Ein von der Stadt Herford zur Verfügung gestellter Rettungswagen wurde ebenfalls überführt. Mit dem Fahrzeug werden verwundete Soldaten in Spezialkrankenhäuser gefahren.
„Wir suchen noch ein Tanklöschfahrzeug oder die Möglichkeit, ein gebrauchtes Fahrzeug zu finanzieren. Ein Vorort von Czernowitz hat einen entsprechenden Wunsch geäußert“, sagt Johannes Grothoff. In dem Ort wird das Trinkwasser für die Region Czernowitz gewonnen. Dort gibt es aber nur ein uraltes Feuerwehrfahrzeug aus russischer Produktion, das bei Einsätzen auch schon mal angeschoben werden muss. Ersatz ist also dringend erforderlich.

Wer die Ukrainehilfe unterstützen möchte, kann auf das Konto der Freien Christengemeinde Lichtenau unter dem Stichwort Ukrainehilfe spenden. Die IBAN lautet: DE68 4726 0121 0469 2171 00. Ziel der Hilfe: Czernowitz in der Ukraine. Im Südwesten der Ukraine liegt in der Nähe der rumänisch-ukrainischen Grenze die Großstadt Czernowitz, die rund 265.000 Einwohner zählt. Czernowitz ist die traditionelle Hauptstadt der Bukowina und liegt auf 248 Metern Seehöhe in einer hügeligen und von Wäldern und Feldern durchzogenen Landschaft. Die Großstadt liegt überwiegend am rechten Ufer des Flusses Pruth. Gegründet wurde Czernowitz in der Regierungszeit von Fürst Jaroslaq Osmomysl zwischen 1153 und 1187 auf dem linken Pruth-Ufer. Nach einer mongolischen Invasion musste 1259 die Festung zerstört werden. Anschließend wurde die Bebauung auf das höhere und damit günstiger gelegene rechte Pruth-Ufer verlagert. Hinter Czernowitz liegt eine wechselvolle Geschichte: Mal gehörte die Stadt zum Fürstentum Moldau, mal zu Habsburgischen Monarchie und damit zu Österreich-Ungarn, Rumänien, der Sowjetunion und seit 1991 zur Ukraine. Czernowitz ist für seine historische Malerei und seine Literatur berühmt und bis heute vor allem aber für seine beeindruckende Architektur.

Bericht: Westfälisches Volksblatt, von Axel Langer