Die Feuerwehren sind eine der wichtigsten Institutionen – sie sind bei Unfällen und Bränden rund um die Uhr einsatzbereit, um zu helfen, zu löschen und auch um Leben zu retten. Es gibt aktuell 2.738 Einsatzkräfte bei den ehrenamtlichen Feuerwehren im Kreis Paderborn, aber nur 202 davon sind Frauen. Sabrina Keuper aus Salzkotten, frisch zur Brandoberinspektorin befördert, ist das beste Beispiel, dass man Mädchen für die Feuerwehr begeistern kann und dass sie auch als Erwachsene begeistert bleiben.
Kreis Paderborn. Die 35-jährige Salzkottenerin ist quasi mit der Feuerwehr aufgewachsen. Ihr Vater Klaus Keuper ist ein Urgestein der Salzkottener Feuerwehr. Er war stellvertretender Zugführer und auch lange Ausbilder der 1971 neu gegründeten Jugendfeuerwehr. „Als Kind war ich immer dabei, wenn er zum Feuerwehrgerätehaus fuhr. Da war jeden Samstag etwas los. Viele Familien mit Kindern waren da – man wächst einfach damit auf“, hat Sabrina Keuper schon sehr früh und schnell die Kameradschaft, die in der Feuerwehr herrscht, mit eingesogen.
Allerdings gab es damals nicht viele junge Mädchen, die so von ihrem Vater inspiriert wurden. Als Sabrina Keuper mit zwölf Jahren in die Jugendfeuerwehr eintrat, traf sie dort auf nur zwei andere Mädels unter den insgesamt 40 Jugendlichen. Heute leitet sie die Jugendfeuerwehr und unter den fast 100 Kindern und Jugendlichen sind schon 35 Mädchen.
„Es hat sich etwas geändert, aber es ist immer noch eine Männerdomäne“, sagt sie und weiß auch warum: „Es liegt auch daran, wie wir als Mädchen sozialisiert wurden – da war immer recht klar, es ist ein Job für Männer. Ein Beispiel ist etwa die Trickfilmserie Feuerwehrmann Sam. Würde es heute etwa eine starke Feuerwehrfrau als Titelheldin geben, würden vielleicht auch mehr Mädchen motiviert sein.“
Seit 23 Jahren ist 35-Jährige, die in Minden bei Follmann Chemie Laborleiterin ist, bei der Feuerwehr. Seitdem habe sich schon einiges geändert. „Wir Frauen sind präsenter geworden, man wird auch anders wahrgenommen – unter anderem bei der Ansprache: Da sind wir Kameradinnen.“ Früher sei es auch schwierig gewesen, als Frau ordentlich passende Feuerwehrkleidung zu bekommen, es habe nur Männerschnitte gegeben. „Das hat sich deutlich geändert, wie auch die Gerätschaften“, so Keuper. Diese seien nun deutlich einfacher zu handhaben. Das habe aber nichts mit Frauen in der Feuerwehr zu tun, sondern es sei die technische Entwicklung der Gerätschaften. Trotz allem gebe es ab und zu noch Sprüche wie: Das kannst du nicht, lass mich mal anfassen. „Das ist aber eher höflich und zuvorkommend gemeint, ist aber eben die Sozialisierung und der Alltagssexismus“, merkt sie an. „Wir haben aber den großen Luxus bei der Feuerwehr, dass wir alles zu zweit machen.“ So sei auch schwerere Arbeit kein Problem.
Dass Frauen aus psychologischen Gründen nicht zur Feuerwehr gehen, sei ihr nicht bekannt. „Im Rettungsdienst ist der Frauenanteil sogar noch viel höher und die Einsatzkräfte sind schneller als wir mit Toten oder Schwerverletzten konfrontiert“, glaubt sie nicht, dass sich daher Frauen vom Eintritt in die Feuerwehr abhalten lassen.
Dass Feuerwehrfrauen nicht von allen Männern akzeptiert werden, gebe es in Salzkotten nicht, wie Keuper versichert. Sie habe aber von Kameradinnen gehört, dass es dumme Sprüche gebe oder sie den einen oder anderen Lehrgang nur schwer bekämen. Das sei aber eher selten.
Damit die ehrenamtliche Feuerwehr auch für Frauen attraktiver wird, müsse generell der Gesellschaft bewusster sein, dass „hier jeder mitmachen kann – egal ob Geschlecht oder Religion. Das muss präsenter werden“, meint die Salzkottenerin. Zudem müsse das Ehrenamt viel besser vermarktet werden. Viele wüssten nicht, was die Feuerwehr alles macht. „Wir sind eine tolle Gemeinschaft mit starker Kameradschaft. Es gibt ein lebendiges Vereinsleben mit viel technischem Verständnis. Und wir können der Gesellschaft etwas wiedergeben – wir fahren Einsätze und können unter Umständen auch Leben retten. Wir sind nicht diejenigen, die zum Aufräumen hinterherkommen, wir fahren an erster Stelle los“, betont sie.
Alle 14 Tage freitags leitet Sabrina Keuper mit 12 bis 15 Betreuern die Übungsabende der Nachwuchskräfte. Egal ob Junge oder Mädchen, alle werden gleichbehandelt. „So läuft es ja auch später in der Feuerwehr. So lernen sie, dass das völlig normal ist“, erklärt die Brandoberinspektorin. Sie wünscht sich aber, dass die Ausbildung bei der Feuerwehr besser mit dem Beruf zu vereinbaren ist – auch damit könnte man neue Mitglieder bekommen.
Die zeitintensiven Fortbildungen sind abends und am Wochenende und meist in Präsenz. Keuper: „Da sind wir bei der Feuerwehr noch nicht so flexibel, wie es heutzutage im beruflichen Alltag wünschenswert ist.“ Sie denkt an Online-Unterricht und regt an, nicht nur an den sturen Grundausbildungsbeginn Anfang des Jahres festzuhalten, sondern mehrere Termine anzubieten. Sie habe Glück gehabt, dass sie bei ihrem Chemiestudium recht flexibel war, um an den Lehrgängen und Fortbildungen teilnehmen zu können.
Die Feuerwehr sei ihr großes Hobby und auch ein guter Ausgleich zur Arbeit. An der Feuerwehr fasziniert sie vieles: die Kameradschaft, dort immer eine Anlaufstelle zu haben, Problemlöser zu sein, die Technik und vor allem emphatisch mit Menschen umzugehen und sie auch zu retten. Es gebe auch schlimme Situationen. Wie 2019 beim schweren Unfall an der Verner Straße als eine Mutter und ihre zwei Kinder, die auf Fahrrädern unterwegs waren, von einem Auto erfasst wurden. „Für mich war das ein sehr belastender Einsatz. Da war ich froh, dass die Mannschaft da war, denn wir unterstützen uns immer gegenseitig. Es hilft viel, nach dem Einsatz darüber zu sprechen“, so Keuper. Zudem gibt es in Salzkotten auch psychosoziale Unterstützung, die angefordert werden kann.
Aktuell sieht sie die Feuerwehr im Kreis Paderborn noch sehr gut aufgestellt. In jedem Ort gebe es noch eine Feuerwehr und man unterstütze sich auch gegenseitig. Aber sie sieht auch eine etwas schwierige Zukunft: „Es ist schon herausfordernd. In den Ortsteilen und der Kernstadt sind die Zugezogenen im Vereinsleben oft nicht so involviert. Ehrenamt kostet Zeit und ist auch ein bisschen Verpflichtung. Da geht es uns wie auch anderen Vereinen, was die Nachwuchssorgen angeht.“ Die Leiterin der Jugendfeuerwehr in Salzkotten versucht, dem Mitgliederschwund aber entgegenzuwirken – sehr gerne auch mit vielen weiblichen neuen Einsatzkräften.
Insgesamt sind in den Einsatzabteilungen der freiwilligen Feuerwehren im Kreis Paderborn laut der Kreisverwaltung 2.738 Kameradinnen und Kameraden in den Einsatzabteilungen (Stand 20.5.2025) aktiv, davon 2.536 Männer und 202 Frauen.
Stadt Paderborn: 383 Mitglieder, davon 357 Männer und 26 Frauen.
Gemeinde Altenbeken: 126 Mitglieder, davon 114 Männer und 12 Frauen.
Stadt Bad Lippspringe: 86 Mitglieder, davon 78 Männer und 8 Frauen.
Stadt Bad Wünnenberg: 286 Mitglieder, davon 257 Männer und 29 Frauen.
Gemeinde Borchen: 222 Mitglieder, davon 208 Männer und 14 Frauen.
Stadt Büren: 452 Mitglieder, davon 412 Männer und 40 Frauen.
Stadt Delbrück: 425 Mitglieder, davon 398 Männer und 27 Frauen.
Gemeinde Hövelhof: 97 Mitglieder, davon 91 Männer und 6 Frauen.
Stadt Lichtenau: 288 Mitglieder, davon 275 Männer und 13 Frauen.
Stadt Salzkotten: 373 Mitglieder, davon 346 Männer und 27 Frauen.
Hauptamtliche Kräfte: In der Stadt Paderborn gibt es 244, davon 239 Männer und 5 Frauen.
Bericht: Uwe Müller/ NW.