23. November. Kreis Paderborn.

Hinter jedem Kreuz steht großes Leid.
Polizei erinnert an Unfallopfer im Straßenverkehr und mahnt alle Autofahrer.



Scharmede (WV).  Seit 2006 werden an den Stellen im Kreis Paderborn, an denen Menschen bei einem Verkehrsunfall ihr Leben verloren haben, in Absprache mit den Angehörigen weiße Kreuze aufgestellt. »41 waren es bislang. Heute kommen fünf neue hinzu«, sagte gestern Polizeihauptkommissar Uli Krawinkel. Etwa drei Jahre bleiben sie stehen.

»Wir haben ein sehr emotionales Mittel gewählt, um dem Autofahrer die eindeutige Botschaft zu vermitteln: An dieser Stelle ist ein Mensch gestorben. Denn jeder muss sich bewusst machen, dass er Verantwortung hat, wenn er ein Fahrzeug steuert. Für sein Leben und das Leben anderer«, ergänzte Landrat Manfred Müller. Ziel solle es sein, Verkehrsteilnehmer zum Nachdenken anzuregen und zu animieren regelgerecht, vorausschauend und defensiv zu fahren. »Ich weiß aus vielen Gesprächen und eigener Erfahrung, dass eine Familie der Verlust eines geliebten Menschen viele Jahre nicht loslässt, man wahrscheinlich nie darüber hinwegkommt. Ein Toter macht oft 100 Menschen unglücklich«, so Müller.

Diese leidvolle Erfahrung musste auch die Familie Voß im Januar 2010 machen. Der 15-jährige Sohn war abends mit seinem Mofa auf dem Heimweg nach Scharmede, als er nur wenige hundert Meter vor seinem Heimatort von hinten von einem Fahrzeug erfasst wurde. Michael starb kurze Zeit später im Krankenhaus.

Die Eltern waren dabei, als das Kreuz an der Unfallstelle aufgestellt wurde. Mit beeindruckenden Worten beschrieb Gisela Voß, was es bedeutet, ein Kind zu verlieren. Die Welt stehe still, alles im Leben verändere sich. Vieles sei auch jetzt noch, nach mehr als drei Jahren sinnlos und bedeutungslos und werde es vielleicht für immer bleiben. »Es hat bei mir persönlich über dreieinhalb Jahre gedauert, bis mein Leben wieder erträglich wurde. Bis ich morgens aufstehen konnte ohne zu denken, hoffentlich ist der Tag bald vorbei«, sagte Gisela Voss. Sie habe es inzwischen ein wenig geschafft, mit dem Schmerz zu leben, den plötzlichen Unfalltod ihres Sohnes und dessen Folgen in ihr Leben zu integrieren.

Im Kreis Paderborn sind in diesem Jahr zwölf Menschen bei Verkehrsunfällen gestorben. Alle tödlichen Unfälle ereigneten sich außerhalb geschlossener Ortschaften. In 2012 waren es 13 Verkehrstote, davon starben zehn Menschen auf Landstraßen. »Im Vergleich zu Großstädten gemessen an der Einwohnerzahl stehen wir damit schlechter da«, so Landrat Müller, »das liegt daran, dass wir mehr Straßen mit Gegenverkehr haben, die Gefahr größer ist. Daher wollen an das Gefahrenbewusstsein jedes Einzelnen appellieren, das Thema emotionalisieren.« Eingebettet ist die Aktion Unfallkreuze in die Kampagne »Gefahren auf Landstraßen«. Weitere Kreuze wurden gestern in Borchen an der B   68/Abzweig Dörenhagen, in Paderborn an der B   64/Abfahrt Dahl/Neuenbeken, an der B   480 (Bad Wünnenberg) Abzweig L   751 Haaren und im Stadtgebiet Delbrück an der L   751/L   836 Abzweig Espeln aufgestellt.

»Wir finden es gut, dass heute hier ein weißes Kreuz aufgestellt wird, als Mahnmal an alle Verkehrsteilnehmer, als Erinnerung, das eigene Verhalten im Straßenverkehr zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren«, sagte Gisela Voß gestern. So könne der sinnlose Tod ihres Sohnes vielleicht doch noch etwas Positives bewirken. Bei Tahir Üzgün und Alechandre Rasch, die im tbz die Kreuze gebaut haben, ist die Botschaft jedenfalls angekommen. »Man macht sich Gedanken, das hinterlässt Spuren«, sagt Tahir. Gerade als junger Fahrer sei man manchmal geneigt, aufs Gas zu treten. Dazu hat der 18-Jährige jetzt eine andere Einstellung.

Bericht: Westfälisches Volksblatt  von Marion Neesen
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Foto: Gisela Voß, die an dieser Stelle ihren 15-jährigen Sohn verloren hat, unterstützt die Aktion der Kreispolizeibehörde. Sie erinnerte an das große Leid, das der Verlust einen Menschen verursacht. Landrat Manfred Müller half beim Aufstellen des großen weißen Kreuzes (im Hintergrund) an der Scharmeder Straße. Eine kleine Gedenkstätte hatte die Familie bereits selbst errichtet. Foto: Neesen