22. Februar. Kreis Paderborn.

Rettungsdienst im Kreis analysiert: Westenholzer Notarzt überflüssig. Zweiter Wagen für Delbrück / Wache Büren soll umziehen.

Paderborner Situation unterbewertet. Die Ist-Analyse weist eine Reihe von Ungereimtheiten auf.
{gallery}news/2013/130222krpb{/gallery}

 

Kreis Paderborn. Einschneidende Veränderungen in der rettungsdienstlichen und notärztlichen Versorgung enthält das Gutachten zur Überprüfung der Organisation des Rettungsdienstes im Zug der Fortschreibung des Rettungsdienst-Bedarfsplans für den Kreis Paderborn.

Jens Petri von der Orgakom Analyse und Beratung GmbH stellte die Ist-Analyse und erste Empfehlungen in der jüngsten Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses vor. Verabschiedet wird der neue Bedarfsplan in der zweiten Jahreshälfte 2013. Für sein Gutachten hat Petri rund 12.700 Einsätze zwischen April 2011 und März 2012 ausgewertet. Nur in 6,3 Prozent aller Einsätze (714 Fälle) stellte er eine Überschreitung der Hilfsfristen fest, die im Kreis mit 12 und in der Stadt mit 8 Minuten angesetzt ist. Diese Werte sollen in 90 Prozent aller Einsätze erreicht werden. Im Rettungsgesetz des Landes gibt es keine Definition der Hilfsfrist. Für den Kreis gilt die Regel, dass die Hilfsfrist von der Alarmierung bis zum Eintreffen des ersten Rettungsmittels am Notfallort ist.

Für erfahrene Praktiker zählt auch die Notrufannahme bereits zur Hilfsfrist. Für Petri präsentiert sich der Rettungsdienst im Kreis als "sehr gut aufgestellt". Problembereiche aus Gründen zeitgleicher Nachfrage sieht er vor allem in Paderborn, Delbrück und Bad Wünnenberg; in der Erreichbarkeit fällt Bleiwäsche als peripherer Stadtteil von Bad Wünnenberg durch das zeitliche Raster. Weitere schlechter versorgte Bereiche gibt es im Altenautal, im "Entenschnabel" und im südlichen Bereich Bürens. Vor allem in den Nachtstunden werden die Hilfsfristen aufgrund verlängerter Ausrückdauer häufiger überschritten. Dennoch hält der Gutachter die Zahl und Standorte der Rettungswachen für ausreichend. Optimierungspotenzial sieht er in Büren und Bad Lippspringe.

In Büren favorisiert Petri eine Zusammenlegung von Rettungswache und Notarzt-Standort am südlichen Ortsausgang im Bereich der Fürstenberger Straße. In der Badestadt sollte die Rettungswache aus dem Zentrum des Ortes heraus an den südlichen Ortsausgang rücken. Bei der notärztlichen Versorgung lassen sich alle Bereich im Kreis in 15 Minuten erreichen. Die Standortstruktur der fünf Notarztsysteme im Kreis hält der Gutachter für bedarfsgerecht.

Lediglich das fallweise unterstützende Notarztsystem in Delbrück Westeholz (Johannes Fahl) sei nicht praxisgerecht. Während die fünf Notarzt-Standorte im 24-Stunden-Betrieb unstrittig sind, rät Petri zu einem sechsten Notarztsystem im Tagesdienst. Das sollte in Hövelhof stationiert werden, um sowohl die Sennegemeinde, Delbrück und den angrenzenden Bereich Schloss Holte-Stukenbrocks abdecken zu können. "Die Variante Delbrück bereitet mir nicht wirklich Freude", erklärte Petri.

Delbrücks Bürgermeister Peitz kündigte bereits politischen Widerstand gegen die Auflösung des Notarzt-Standortes in Westenholz an.

Bei den Rettungswagen (zurzeit 15, davon 14 im 24-Stunden-Betrieb) schlägt er eine Aufstockung um ein Fahrzeug auf 16 Rettungswagen vor, von denen jedoch drei nur im Tagesbetrieb fahren sollen. Das zusätzliche Fahrzeug soll im Tagesdienst an der Rettungswache Delbrück stationiert werden und den bisher von der Delbrücker Feuerwehr eherenamtlich betriebenen Rettungswagen ablösen.

Neben dem zweiten Rettungswagen auf der Paderborner Feuerwache Nord soll nun auch der zweite Rettungswagen auf der Wache Süd nur noch im Tagesdienst besetzt werden - einen Vorschlag, den Ralf Schmitz, Leiter der Paderborner Feuerwehr, mit mit einem Kopfschütteln kommentierte. Die Stadt Paderborn ist im Arbeitskreis, der Fortschreibung begleitet, nicht vertreten.

Beim Krankentransport, bei dem die meisten Einsätze in Paderborn und in bad Lippspringe anfallen, sollen nach Maßgabe des Gutachters auch weiterhin sieben Fahrzeuge eingesetzt werden. Einschließlich der Verwaltung sind für die Umsetzung dieses Konzeptes rund 200 Vollkraft-Stellen notwendig. In den kommenden Monaten werden die Kommunen ihre Stellungnahmen zum Gutachten abgegeben. Auch die Krankenkassen als Finanziers haben am Ende noch ein gewichtiges Wort mitzureden.

 

Paderborner Situation unterbewertet. Die Ist-Analyse weist eine Reihe von Ungereimtheiten auf.

Rund 12.700 Einsätze hat der Gutachter innerhalb von zwölf Monaten ausgewertet. Allein in der Stadt Paderborn wurden im Bereich der Notfallrettung 2012 fast 12.500 Einsätze gezählt. Die fünf Rettungswagen auf der Wache Süd haben 2012 zusammen 5.960 Einsätze gefahren. Davon entfielen 2.673 auf den ersten und 2.590 auf den zweiten Rettungswagen, der künftig nur noch im Tagesdienst eingesetzt werden soll. Von der Wache Nord aus wurden fast 4.400 Einsätze gefahren, und auch der Rettungswagen Schloss Neuhaus ist mit 2.245 Einsätzen im Jahr hoch belastet.

Für Ralf Schmitz, Leiter der Feuerwehr ist es angesichts solcher Zahlen unverständlich, im Bedarfsplan die Nicht-Besetzung eines weiteren Rettungswagen in den Nachtstunden zu empfehlen.

Stattdessen hatte er erwartet, dass die Begrenzung für den zweiten Wagen auf der Wache Nord entfällt. Schließlich fielen mit Abstand die meisten Einsätze im Bereich der 150.000 Einwohner zählenden Großstadt an. Auch einen Notarztstandort Hövelhof hält Schmitz nicht für stimmig. Durch einen Notarzt im Bereich Schloss Neuhaus/Sennelager könnten dagegen sowohl der nördliche Bereich Paderborns, Hövelhof und Delbrück gleichermaßen gut versorgt werden. (my)

Bericht: Neue Westfälische VON RALPH MEYER

Bildunterschrift: Bewegung im Rettungsdienst: Die Rettungswachen Bad Lippspringe (oben l.) und Büren (unten r.) sollen neue Standorte erhalten. Der Westenholzer Notarzt Johannes Fahl (unten l.) erscheint dem Planer überflüssig. An seiner Stelle soll der Notarzt-Standort Hövelhof (oben r.) aufgewertet werden.
FOTOS: M. KÖPPELMANN/R. ROHLF/MONTAGE: T. GRUNDMANN