Paderborn.

Düstere Aussichten für den Notfall. Feuerwehr in Sorge: Qualität im Rettungsdienst der Stadt wird rapide bergab gehen.
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Kreis Paderborn. Ungläubig wird bei der Paderborner Feuerwehr zum wiederholten Mal der Entwurf des Bedarfsplans für den Rettungsdienst und Krankentransport studiert. Die drohenden Einschnitte sind noch deutlich schlimmer als bei der Informationsrunde im Kreishaus kommuniziert. Die Leidtragenden werden die Bewohner der Großstadt Paderborn sein.

Und ebenso ungläubig haben die Einsatzkräfte verfolgt, dass aus den Reihen des Sozial- und Gesundheitssausschusses bislang weder Nachfragen noch Kritik laut geworden ist. Selbst die Paderborner Politiker haben bislang geschwiegen.

Die Fakten sind klar und übersichtlich. 52,9 Prozent aller Notfallrettungseinsätze werden von der Paderborner Feuerwehr gefahren - im Klartext waren das im vergangenen Jahr 11.670. Auf die einzelnen Wachen entfallen dabei 5.403 Einsätze für die Wache Süd, 4.154 Einsätze für die Wache Nord und 2.113 für die Rettungswache Schloss Neuhaus.

Und gerade in diesemBereich setzt der Gutachter die Schere an. Bislang werden auf der Wache Süd zwei Rettungswagen im 24-Stunden-Dienst besetzt. Künftig soll es nur noch einer sein. Der zweite soll dann nur noch montags bis freitags von 8-22 Uhr und an Wochenenden von 9-19 Uhr besetzt werden. Auf der Wache Nord ist bislang ein Rettungswagen im 24-Stunden-Dienst und ein weiterer werktags von 7-19 Uhr besetzt. In Zukunft soll die Dienstzeit des zweiten Rettungswagens analog zum dritten Einsatzmittel auf der Wache Süd werktags und an Wochenenden nur noch von 9-19 Uhr besetzt werden.

Nach Berechnungen der Paderborner Feuerwehr fallen dadurch zu Lasten von fast 53 Prozent der Bürger im Kreis pro Jahr mehr als 4.500 Stunden weg, was nach Ansicht der Rettungsprofis das Risiko der Einwohner in der Stadt deutlich erhöht. Die Zahlenspiele aus dem Kreishaus sind auch vor dem Hintergrund der übrigen Einsatzzahlen schwer zu verstehen. Von den Kreis-Rettungswachen war bislang Bad Lippspringe mit 1.767 Einsätzen am stärksten ausgelastet, doch dieser Standort wird jetzt durch die Rettungswache in Schlangen fühlbar entlastet.

Auf Rang zwei liegt Delbrück mit 1.611 Einsätzen - rund 500 weniger als in Schloss Neuhaus. Dafür wird der Standort Delbrück jetzt um einen zweiten Rettungswagen tagsüber aufgestockt - übrigens auch noch mit einem größeren Zeitfenster als in Paderborn. Am wenigsten Einsätze fahren die Rettungswagen in Lichtenau (568) und Buke (711).

Bei der Datenerhebung, die dem Rettungsdienstbedarfsplan zugrundeliegt, sind rund 1.800 Einsätze im Krankentransport zwischen den Krankenhäusern nicht erfasst, ob wohl ein erheblicher Anteil dieser Fahrten anstelle der Malteser von Rettungswagen der Feuerwehr Paderborn wahrgenommen werden.

Der Entwurf des Rettungsdienstbedarfsplans sieht darüber hinaus nur eine Vorhaltung von nur noch drei Krankentransportwagen vor, obwohl in der Stadt mit drei Krankenhäusern pro Jahr rund 9.300 Fahrten anfallen, während im Südbereich bei lediglich etwa 1.000 Krankentransporten die Fahrzeugzahl gleich bleiben soll. Ferner macht der Entwurf keinerlei Aussagen zur soziodemografischen Entwicklung. Danach wird es in der Stadt Paderborn mittelfristig ein Bevölkerungswachstum geben, während in den ländlichen Gebieten eine Abnahme der Bevölkerung erwartet wird.

Für die Zukunft zeichnen die Verantwortlichen der Paderborner Feuerwehr ein eher düsteres Bild, das Qualitätsverluste und damit zugleich Kostensteigerungen im Rettungsdienst vorsieht.; Oder sollen die weniger genutzten Einsatzmittel aus dem Kreis gemäß der häufig angesprochenen Strategie des nächsten Fahrzeugs verstärkt in der Stadt Paderborn eingesetzt werden, um Engpässe auszugleichen und zugleich die Einnahmesituation günstiger zu gestalten?  Bislang arbeitet der Rettungsdienst in der Stadt deutlich günstiger als im Kreis Paderborn. Zynischer Kommentar eines Rettungsprofis: "Vielleicht müssen die Paderborner in Zukunft eben lernen, vier Minuten länger die Luft anzuhalten".

Spezialfahrzeuge übersehen

Die Paderborner Feuerwehr betreibt im Rettungsdienst auch zwei Spezialfahrzeuge - für Notfall- und Intensivverlegungen sowie für Schwergewichtigen-Transporte. Die Einsatzzahlen für diese auch überregional begehrten Fahrzeuge steigen stetig. Im vergleich zu den normalen Einsätzen kommt es dabei oft zu stundenlnagen Abwesenheitszeiten, die im Entwurfs des Bedarfsplans zum Leidwesen der Feuerwehr keinen Niederschlag finden. Kritisch sehen die Einsatzkräfte auch die vermeintlich zu langen Ausrückezeiten. Den Grund sehen sie darin, dass vom Gutachter auch nicht-zeitkritische Einsätze ausgewertet wurden, bei denen das Ausrücken aus Sicherheitsgründen bewusst länger dauert . (my)

Bericht: Neue Westfälische VON RALPH MEYER

Bildunterschrift: Großeinsatz auf der Autobahn: Gleich mit mehreren Rettungswagen rückte die Paderborner Feuerwehr im Oktober 2011 zu einem Verkehrsunfall aus, bei dem  es zu einem Massenanfall vor Verletzten kam. Archivfoto, Marc Köppelmann