17. Juli. NRW

80 000 der knapp 94 000 aktiven Feuerwehrleute in Nordrhein-Westfalen sind ehrenamtlich tätig. Wer künftig ihr Vorgesetzter sein darf, sorgt für Diskussionen.
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Streit um Führung bei der Feuerwehr
Dürfen bald nur noch Hauptamtliche den Einsatzkräften vorstehen? – Protestpetition im Internet

Bielefeld (WB). Sollen Feuerwehren in NRW von einer bestimmten Größe an nicht mehr von Ehrenamtlichen, sondern nur noch von hauptamtlichen Kräften geleitet werden dürfen? Darüber ist in NRW ein Streit entbrannt, an dem sich vor allem Wehren aus Ostwestfalen-Lippe beteiligen.

Die einen sehen in dem Vorschlag ein Instrument zum effizienteren Arbeiten, die anderen eine Missachtung des Ehrenamtes. Hintergrund ist eine geplante Novellierung des Feuerschutzhilfeleistungsgesetzes NRW (FSHG). Dem NRW-Innenministerium liegen Vorschläge der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren (AGBF) und des Verbandes der Feuerwehren in NRW (VdF) vor, die beide vorsehen, dass der Leiter einer hauptamtlich besetzten Feuerwache (Wachleiter) ab einer bestimmten Größe gleichzeitig Leiter der Feuerwehr, also auch der freiwilligen Kräfte, ist.

Viele Ehrenamtliche treibt das auf die Barrikaden: Sie haben im Internet eine Petition gestartet: www.openpetition.de/petition/online/keine-aenderung-des-fshg- im-bereich-der-leitung-einer-freiwilligen-feuerwehr. Bis gestern wenden sich darin etwa 1500 Unterzeichner gegen die Pläne. Begründung: Die geplante Änderung schwäche das Ehrenamt. Ein Wachleiter, der möglicherweise keinen Bezug zum Ehrenamt habe und noch nicht einmal innerhalb der Gemeinde wohne, könne das Ehrenamt nicht so vertreten wie ein engagierter ehrenamtlicher Feuerwehrmann. Aktuell arbeiten NRW-weit 80 000 der knapp 94 000 aktiven Feuerwehrleute ehrenamtlich.

Sie können derzeit alle sechs Jahre über den Leiter der Feuerwehr mitentscheiden. Das letzte Wort hat der Stadtrat. Diese Möglichkeit solle ihnen jetzt genommen werden, klagt Ulrich Strecker, Leiter der Feuerwehr in Rheda-Wiedenbrück. »Feuerwehren würden entmündigt«, sagt der 55-Jährige, der 40 Hauptamtlichen und 250 Ehrenamtlichen vorsteht. Derzeit sei es bereits möglich, den Leiter einer hauptamtlichen Feuerwache zum Leiter der Feuerwehr zu ernennen.

Das ist in Herford der Fall. Doch Michael Stiegelmeier urteilt ganz anders. Als hauptamtlicher Leiter der Herforder Wehr ist er auch Vorgesetzter für die Freiwilligen. »Bei einer Leitung in Personalunion gibt es kein Kompetenzgerangel«, begrüßt er die Initiative. Der Chef müsse eine starke Stellung haben, meint auch der Verband der Feuerwehren in NRW (VdF). »Zudem bezieht sich unser Vorschlag nur auf Feuerwehren, die mindestens sechs Kräfte rund um die Uhr für den Brandschutz vorhalten«, sagt Sprecher Christoph Schöneborn. Landesweit wären von der Initiative nur zwölf Wehren betroffen, davon in OWL Porta Westfalica, Detmold und Bad Salzuflen. Alle anderen Wehren seien zu klein, hätten bereits eine Leitung von Freiwilligen und Hauptamtlichen in Personalunion oder seien Berufsfeuerwehren wie in Bielefeld. In Löhne und Bünde gibt es neben dem hauptamtlichen Wachleiter aber noch einen ehrenamtlichen Feuerwehrchef. »Das funktioniert gut«, sagt Ralf Krause, Feuerwehrleiter in Löhne. »Die vorgeschlagene Gesetzesänderung wäre hingegen eine Zurücksetzung des Ehrenamtes.« Den freiwillig Tätigen, die das Haupteinsatzgeschehen bewältigten, würde das Mitbestimmungsrecht genommen.

»Wir wollen niemanden aus dem Amt jagen«, erklärt VdF-Sprecher Schöneborn. Sollte das NRW-Innenministerium dem Vorschlag folgen, sollten die ehrenamtlichen Feuerwehrchefs bis zum Erreichen der Altersgrenze im Amt bleiben dürfen. Der VdF hat für heute die Feuerwehrchefs aller zwölf betroffenen Kommunen zu einem Gespräch eingeladen, um die Wogen zu glätten. »Es gibt aber zahlreiche Absagen«, sagt Schöneborn. Wie verhärtet die Fronten sind, erklärt Michael Schäfer, Feuerwehrchef in Porta Westfalica, einer der besagten zwölf Kommunen. »Fast alle haben abgesagt.«

Auch Schäfer hält nichts von einer Gesetzesänderung. »Warum soll das Hauptamt noch stärker in den Vordergrund rücken?« Statt mit dem VdF treffen sich Mittwoch die Leiter der Feuerwehren in NRW mit hauptamtlichen Kräften im rheinischen Eschweiler, um ihr Vorgehen abzustimmen.

Bericht: Westfälisches Volksblatt von Bernd Bexte