11. März. Kreis Paderborn.

Sie wollen vorbereitet sein, wenn die Katastrophe zuschlägt, sie wollen schnell „vor die Lage kommen“, wenn ein Desaster da ist. Aus diesem Grund stellen Landrat Christoph Rüther und Ordnungsdezernent André Brandt derzeit den Katastrophenschutz im Kreis Paderborn neu auf.

 
Kreis Paderborn. tellen Landrat Christoph Rüther und Ordnungsdezernent André Brandt derzeit den Katastrophenschutz im Kreis Paderborn neu auf und verraten in der „Neuen Westfälischen“ spannende Details. „Erfahrungen aus Pandemie, Ahrtal-Hochwasser und Paderborner Tornado haben gezeigt, dass auch wir Abläufe und Kommunikation anpassen müssen, selbst wenn vieles schon gut funktioniert hat“, sagt Brandt beim Gespräch im Kreishaus.
 
Eine Krisenreaktionseinheit soll entstehen. Zum einen wird in der Kreisverwaltung dazu das „Amt 38“ neu geschaffen, das künftig für den Katastrophenschutz zuständig ist. Zum anderen treffen sich seit Jahresbeginn parallel sieben Arbeitsgruppen, in denen Mitarbeiter aller zehn Kommunen plus Kreisverwaltung Abläufe und Checklisten für einzelne Katastrophenszenarios erarbeiten.
Ausgeschrieben wurde die Stelle des künftigen Katastrophenschutz-Amtsleiters (Besoldung A15, Bewerbungsschluss 18. März) als Beamtin oder Beamter im feuerwehrtechnischen Dienst. Dienstort ist laut Ausschreibung hauptsächlich Ahden, weil sich dort die Kreisfeuerwehr- und Technikzentrale befindet. Sie soll ins Amt ebenso integriert werden wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich jetzt bereits im Ordnungsamt des Kreises um den Katastrophenschutz kümmern. „Wir wollen das neue Amt mit den bestehenden Kräften ausstatten“, sagt Brandt, der zunächst lediglich die Leitungsstelle („Wir suchen jemanden als Fels in der Brandung“) neu besetzen will. Schon ab dem 1. April werde die neue Organisation aktiviert, mit Brandt selbst als kommissarischem Amtsleiter. 
 
Erst in der vorvergangenen Woche ging es im Kreishaus auch um die bereits angekündigte Erweiterung der Feuerwehrzentrale in Ahden. Die von den Planern vorgestellten Ideen für einen Anbau sollen nach jüngster Begutachtung durch Mitarbeiter und Leitungskräfte noch einmal überarbeitet werden. Im September war der Kreis von Baukosten von 8,6 Millionen Euro ausgegangen, Brandt und Rüther können eine Steigerung aber nicht ausschließen. Die neuen Pläne sollen „schnellstmöglich“ erstellt werden, so der Auftrag ans Architekturbüro. „Wir machen aber nichts Überdrehtes“, verspricht Brandt. Die Erneuerung der Leitstelle habe absolute Priorität, die Erneuerung der Rettungswache nebenan folge erst danach.
„Die Leitstelle ist gerade bei Katastrophen Dreh- und Angelpunkt der Kommunikation, daher müssen dort auch räumlich die Abläufe passen“, erläutert der Dezernent. Im Jahr 2021 gingen durchschnittlich rund 17.500 Anrufe pro Monat in der Leitstelle ein. Davon etwa 5.000 über die 112 und 1.300 über die 19222 für den Krankentransport, so der Kreis. 
Wege sollen 
kürzer werden
Brandt: „Das Gebäude wollen wir technisch auf den neuesten Stand bringen. Zudem müssen Laufwege und Raumplanung passen. Demnächst muss auch der Telenotarzt untergebracht werden.“ Möglich scheint auch, dass die jetzt noch im Kreishaus beschäftigten Mitarbeiter künftig ebenfalls in Ahden ihre Büros haben. Nachdem die neue Amtsführung eingestellt ist, soll die Mannschaft spätestens im nächsten Jahr komplett im neuen Stil einsatzfähig sein, so die Planung des Landrats. Warum der Kreis die Konzentration der Kräfte für den Katastrophenschutz für notwendig hält, begründet Brandt mit den Erfahrungen aus Corona und Co.: „Wir haben gelernt, dass ein Team nötig ist, das auf besondere Lagen eingestellt ist. Ziel ist es, eine Organisation zu schaffen, die operativ und strategisch arbeitet.“ Es gehe darum, Wege kürzer und Abstimmungen im Krisenfall einfacher und schneller zu machen. 
Dabei spielen auch die zehn Rathäuser im Kreis eine Rolle. „Bei Bedrohungen oder Schadenslagen sind immer wir als Kommunen gefragt, deshalb müssen wir eng zusammenarbeiten“, hebt Landrat Rüther die Bedeutung der Kooperation hervor. 
 
Auch aus diesem Grund sind seit Januar die sieben Arbeitsgruppen aktiv, die mit Mitarbeitern aus allen zehn Kommunen bestückt sind. Darin werden Abläufe bei Szenarien wie Blackout, Cyberangriff, Naturkatastrophe oder Pandemie erarbeitet. Brandt: „Allein, dass wir uns besser kennenlernen, ist schon wichtig. Auch verschiedenen Perspektiven aller Beteiligten helfen.“ Die Gruppen sind „auf Dauer angelegt“, wie es im Kreishaus heißt. Sie sollen jetzt in ihrem Themenfeld Ablaufpläne erarbeiten, die allen Kommunen im Kreis zugänglich gemacht werden. Das Ziel dieser Checklisten ist es, schon mit Beginn einer Katastrophenlage die richtigen Pflöcke einzuschlagen. Es soll keine Zeit verschenkt werden, denn, so Brandt, „falls vor Ort ein Krisenstab eingerichtet werden muss, dauert das immer etwas“.
Die Notfälle, die sich niemand wünscht, sollen künftig auch immer wieder geprobt werden. Im Vorjahr hatten Mitarbeiter des Kreises und der Stadt Bad Lippspringe einen gemeinsamen Workshop absolviert.
 
Mit der Neuorganisation des Katastrophenschutzes wollen Brandt und Rüther ein Zeichen setzen: „Wir alle müssen uns der Bedeutung des Themas bewusst werden“, sagt der Landrat. Die Gefahr der Panikmache sieht Brandt nicht. „Wir wollen natürlich keine Hamsterkäufe auslösen, aber Vorbereitung ist auch in den Privathaushalten wichtig. Die Menschen sind durch die letzten Monate schon sensibilisierter“, hat er beobachtet. 
Ins öffentliche Bewusstsein rückt das Thema im Paderborner Land spätestens im Sommer. Am 26. August soll in Paderborn der vierte NRW-Katastrophenschutztag stattfinden. Dann wohl auch unter Beteiligung der neuen Fachabteilung des Kreises.
 
Bericht: Jens Reddeker NW, Foto: Ralph Meyer VdF