23. September. Truppenübungsplatz Senne.

Großübung zwischen Munition und Rotwild in der Senne. Feuerwehrleute aus den Kreisen Paderborn, Lippe und Gütersloh sind beteiligt.

 

Paderborn. Während der coronabedingten Zwangspause konnte nicht trainiert werden, was zu tun ist, wenn die Heide brennt. Am Samstag (23. September) hieß es aber wieder „Ausrücken in die Senne“ für nahezu 200 Einsatzkräfte aus den Kreisen Paderborn, Lippe und Gütersloh.

Graue Wolken ziehen mit dem eisigen Wind über die Senne hinweg, knallrote Löschfahrzeuge bewegen sich im Konvoi zu ihren Einsatzstellen, Blaulichter blitzen, aus gelben Schläuchen sprüht eine Wasserwand fünf Meter in die Höhe, Generatoren dröhnen, Pumpen fördern Löschwasser aus Bächen und Teichen, Funkgeräte knistern. „Alarmplan bei Einsätzen der Feuerwehr und des Rettungsdienstes auf dem Truppenübungsplatz Senne“ ist dagegen nüchtern das Manöver überschrieben, und die Eindrücke dort führten zu durchaus überraschenden Erkenntnissen.

Ralf Husemann, Station Officer des „Defence Fire & Rescue Service Sennelager“, flitzte als einer der Übungsleiter von einem Einsatzort zum anderen. Unter realen Bedingungen wurde erprobt, in welcher Zeit und mit welchen Mitteln zwei Vegetationsbränden im Bereich des Sperrgebiets beizukommen ist. Ab dem frühen Samstagmorgen trafen Löschzüge aus Bad Lippspringe und Schlangen („die sind am nächsten dran und kennen die Gegebenheiten am besten“) sowie nach und nach weitere Einsatzkräfte im Gebiet ein. So wurden auch zeitliche Abläufe, die mit der Bereitstellung und der Entfernung zum Truppenübungsplatz als Anrückezeiten einhergehen, berücksichtigt.

Vor der Windmühle waren in Windeseile die Haupteinsatzleitung installiert und ein Funkmast aufgerichtet worden. Ein Kradmelder eilt auf seiner Maschine heran. Fünf geländegängige Löschwassertransporter sind bereits zu den Brandstellen unterwegs, die Überwachungsdrohne liefert derweil digitale Informationen aus der Luft. Magnettafel inmitten von Hightech Inmitten der High-Tech-Fahrzeuge mutet die Magnettafel, auf der mit taktischen Zeichen das Geschehen auf dem Messtischblatt skizziert wurde, geradezu rührend analog an. Das geht schnell, ist für jedermann verständlich und, anders als auf kleinen Monitoren, gut erkennbar sowie strom- und netzunabhängig. Von hier aus werden nicht nur die eigentlichen Löscharbeiten, sondern auch die Versorgung der Einsatzkräfte wie etwa mit Kraftstoff und Verbrauchsmaterialien koordiniert. Wo eine große Anzahl von Brandbekämpfern im Einsatz ist, darf auch Verpflegung nicht fehlen (erst kalt, dann warm) und natürlich müssen auch so profane Dinge wie Toiletten bereitgestellt werden.

Husemann hatte unter anderem die Bürgermeister von Bad Lippspringe und Schlangen zu einer „Informationstour mit Besichtigung des Übungsgeschehens“ eingeladen und führte die Beobachter durch das unwegsame Gelände zu den Einsatzabschnitten. Die Bundeswehr, die britische Range Control und der in den Normandy-Barracks stationierte „Defence Fire & Rescue Service“ unterwiesen die Beteiligten im Umgang mit Munitionsfunden und dem angemessenen Verhalten auf dem Truppenübungsplatz.

Dort, wo Soldaten den Häuserkampf üben, „vergatterte“ ein Oberleutnant der Bundeswehr die Feuerwehrleute: „Sie fahren nicht einfach in den Truppenübungsplatz hinein, sie werden geführt!“ Nicht nur Munition, auch auf den ersten Blick weitaus weniger Gefahrvolles, wie ein in Panzerspuren festgefahrenes Löschfahrzeug oder Verletzungen, gelte es im Auge zu haben. „Gesunder Menschenverstand ist gefragt“, erklärt der Offizier, manchmal sei ein kleiner Umweg der bessere, weil sicherere Weg zur Einsatzstelle.

An der Schießbahn „ALMA“ übten die Feuerwehren die Eindämmung eines großflächigen Heidebrandes mit beweglichen Löschgruppen. Aus einem Teich wurden Wassermassen in einen aus Detmold herangeschafften Container gepumpt, von welchem die Fahrzeuge jeweils gefüllt werden konnten. Ein weiterer Riegel an der Kampfbahn „LIMA“ entstand durch das Verlegen einer mehr als 200 Meter langen Schlauchleitung, welche bei Bedarf auch noch um ein Vielfaches verlängert werden könnte. Hier schoss eine gewaltige Wasserwand in die Höhe, die, einmal in Betrieb, keine Kräfte bindet und verhindern kann, dass ein Flächenbrand beispielsweise auf einen Wald oder auch Gebäude überspringt.

Gänzlich unbeeindruckt vom Einsatz der Brandbekämpfer trabt ein Rotwildrudel, allen voran ein kapitaler Sechzehnender, vor Ralf Husemanns Pick-up-Fahrzeug über den Waldweg. Der Übungsleiter selbst ist zufrieden mit den ersten Erkenntnissen der Übung, die dennoch ausführlich nachbereitet werden wird. „Wir hätten beispielsweise nicht gedacht, dass aus einem kleinen Bach derartig große Mengen Löschwasser entnommen werden können“. Dies gelang, indem mobile Stahlplatten zu einem Stauwehr zusammengestellt wurden. „Solche Ideen entstehen oft in der Praxis“. Und deshalb soll das Szenario „Alarmplan“ ab sofort wieder im zweijährigen Turnus durchexerziert werden.

Bericht: Westfälisches Volksblatt