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14/15. Juni. Kreis Paderborn / Paderborn.

Nach dem heftigen Gewitter am Samstagabend gab es im Bereich der Kernstadt zahlreiche Feuerwehreinsätze. Im Bereich Altenbeken ist es während der Unwetterfront sehr wahrscheinlich sogar zu einem Tornado gekommen. Die Feuerwehr Paderborn meldete bis Sonntagmorgen 5 Uhr im gesamten Stadtgebiet 191 Einsätze. Dabei waren etwa 150 Feuerwehrleute aus allen Einheiten im Stadtgebiet stundenlang im Einsatz. Die Polizei Paderborn nahm ab 19 Uhr gut 400 Notrufe an. Auch das Technische Hilfswerk rückte aus, um Hilfe zu leisten. Teilweise dauern die Maßnahmen auch am Sonntagvormittag noch an. Verletzte hatte es jedoch keine gegeben.


Paderborn/Kreis Paderborn. Monatsmenge an Regen innerhalb von eineinhalb Stunden. Blitz, Donner, starke Windböen und große Niederschlagsmengen zogen ab etwa 19.15 Uhr über die Paderborner Kernstadt. Eine gute Stunde dauerte das Unwetter zunächst an. Laut Meteorologe Friedrich Föst sind innerhalb von eineinhalb Stunden zwischen 60 und 80 Liter Regen pro Quadratmeter heruntergekommen. „Das ist die durchschnittliche Juni-Monatsmenge und daher schon außergewöhnlich“, so Föst. Die Regenmassen haben in Spitzenzeit für einen Maximalzufluss von rund 9.000 Kubikmeter Wasser pro Stunde bei der Paderborner Kläranlage gesorgt.

Um 19.38 Uhr gab es die erste große Einsatzalarmierung für die Paderborner Feuerwehr. Ein Blitzschlag hatte ein Wohnhaus an der Personstraße getroffen. Die Bewohner waren nicht zu Hause. Teile des Daches wurden abgedeckt und Rauch stieg aus dem Dachstuhl auf. Ein offenes Feuer konnte die Feuerwehr nicht feststellen, als sie das Haus kontrollierte.
Bereits zu diesem Zeitpunkt habe sich die Feuerwehr in mehreren parallel laufenden Einsätzen befunden, berichtet Einsatzleiter Stefan Kaiser an der Einsatzstelle im Riemekeviertel. Vom Königsplatz in der Innenstadt wurde ein „Teileinsturz“ im Ladengeschäft TEDI gemeldet. Dort waren Wassermassen durch das Dach in die Verkaufsräume gelangt und hatten Teile der Deckenverkleidung mitgerissen. Verletzte hatte

Hart getroffen hat es auch Mediaprint, ein Unternehmen für Medien- und Druckerzeugnisse an der Eggertstraße im Paderborner Nordosten. Dort hatte ein Blitzschlag die Brandmeldeanlage ausgelöst. Die starken Niederschläge führten dazu, dass rund 400 Quadratmeter Flachdachfläche einstürzte. Regen und das Wasser aus der Sprinkleranlage sorgten dafür, dass ein etwa 5.000 Quadratmeter großer Produktions- und Lagerbereich rund 10 Zentimeter tief unter Wasser stand. Mit mehreren Fahrzeugen versucht die Feuerwehr das Wasser ins Freie zu pumpen. Noch sind die Schäden dort nicht zu beziffern, aber Polizei und Feuerwehr gehen übereinstimmend von erheblichen Schäden aus.
An der Warburger Straße in der Südstadt gab es einen Einsatz unter dem Stichwort „Person im Wasser“. In eine Kellerwohnung drang Wasser ein und die Tür habe sich nicht mehr öffnen lassen, wurde die Meldung zwischenzeitlich ergänzt. Vom Rolandsweg gab es eine weitere Meldung dieser Art, auch dort stand ein Keller unter Wasser. Auch aus der Rosenstraße wurden vollgelaufene Keller gemeldet, in denen das Wasser hüfttief steht.

Im Brüderkrankenhaus St. Josef waren die Aufzugschächte vollgelaufen, sodass die Aufzüge nicht mehr funktionieren. In der Karlstraße musste die Feuerwehr eine eingeschlossene Person aus einem Aufzug retten. Außerdem rückte die Feuerwehr zu ausgelösten Heimrauchmeldern in der Straße „An den Kapuzinern“ und am Peter-Hille-Weg aus. Auch in der Tiefgarage Königsplatz löste die Brandmeldeanlage aus. Auf dem Uni-Campus waren ebenfalls Wassereinbrüche in Keller von Gebäudeteilen gemeldet worden. „Großflächig“, heißt es in einer Meldung der Feuerwehr.

Stellenweise konnten die Gullys in der Innenstadt das Wasservolumen nicht mehr in die Kanalisation ableiten und stauten zurück. An den betroffenen Stellen stand das Wasser teilweise mehrere Zentimeter hoch auf den Straßen, so konnte es auch auf tiefer gelegene Grundstücke laufen. Auch Unterführungen, beispielsweise an der Borchener Straße oder Kasseler Straße sowie Tiefgaragen liefen durch die Wassermassen voll. An mehreren Orten drang Wasser in Keller ein und diese liefen teilweise voll, so etwa in Benhausen und anderen Stadtteilen. Außerdem behinderten stellenweise in der Innenstadt und der Südstadt abgebrochene Äste den Straßenverkehr.
Um die zahlreichen Einsätze im Stadtgebiet zu koordinieren, richtete die Feuerwehr in der Feuer- und Rettungswache Süd einen Einsatzstab unter der Leitung von Ludger Schmidt, dem Leiter der Feuerwehr Paderborn ein. Einsatzfahrzeuge waren bis in die frühen Morgenstunden des Sonntags unterwegs.

Im Hochwasser-Rückhaltebecken des Wasserverbandes Obere Lippe (WOL) am Papenberg bei Benhausen ist am Sonntagmorgen gegen 9 Uhr ein Auto aus dem zielgerichtet gefluteten Bereich aufgetaucht. Der Halter hatte am Samstagabend in der Anfangsphase des Unwetters seine Frau einsammeln wollen, die mit dem Hund Gassi ging. In der Senke hatte der 64-Jährige aus Benhausen kurz angehalten, doch dann sprang der Motor des Renault Megane nicht mehr an.

Auch wenn zu diesem Zeitpunkt lediglich eine größere Pfütze gestanden hatte, traf der Fahrer die genau richtige Entscheidung: Er ließ den Wagen zurück und verließ den Bereich zu Fuß. Durch den Einstau der enormen Niederschläge wurde der Wagen dann binnen weniger Minuten überspült und versank auf dem Fahrweg stehend im Wasser. „Ich hätte nie damit gerechnet, dass das Wasser so schnell steigen würde“, sagte der Autofahrer, dem der Schrecken noch immer anzumerken war, am Sonntag während des Feuerwehreinsatzes, an dem 45 Feuerwehrleute einschließlich der Feuerwehrtaucher beteiligt waren.
Mit dem Ablassen eingestauten Wassers am Sonntag tauchte das Auto dann Stück für Stück wieder auf. Der Renault dürfte als Totalschaden gelten und musste abgeschleppt werden. Die Feuerwehr sperrte die Zufahrt zum Rückhaltebecken ab, um zu verhindern, dass andere Autofahrer auf dem jetzt schlammigen Grund stecken bleiben.

Auch auf anderen Wegen bahnte sich das Regenwasser seinen Weg in Gebäude. Das schien unter anderem im Südring-Center und der Libori-Galerie der Fall zu sein.
Die Aufführung des Freilichtstücks des Theaters Paderborn an der Stadtbibliothek wurde gegen 19.30 Uhr abgebrochen. Zuvor hatte dort Regen eingesetzt und das Donnergrollen des nahenden Gewitters war zu vernehmen gewesen. Die Baseball-Partie der Untouchables wurde während des Unwetters unterbrochen und später fortgesetzt. Eine Niederlage konnte das Heim-Teams nach der Zwangspause aber nicht mehr verhindern.

Auch weitere Kommunen im Kreis Paderborn waren von dem Unwetter betroffen. Für Bad Wünnenberg, Borchen, Salzkotten, Paderborn, Hövelhof, Bad Lippspringe und Altenbeken gab es eine amtliche Unwetterwarnung bis 21 Uhr. Über Hövelhof ging unter anderem wohl reichlich Hagel nieder. Stellenweise waren Straßen im Kreisgebiet von Überflutungen betroffen.
In Altenbeken könnte es zu einem Tornado gekommen sein. Auf X (ehem. Twitter) geht „Kachelmannwetter“ davon aus, dass ein Wirbelsturm „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ bestätigt werden könne. In welchem Bereich sich der Tornado genau bewegt hat und ob es eine Grundberührung gab, ist bislang nicht bekannt. Meteorologe Föst erklärt gegenüber der „NW“, dass von einem Tornado erst dann sicher gesprochen werde, wenn ein Bodenkontakt nachgewiesen sei. Zuvor werde der Begriff „Funnelcloud“ verwendet.

Bericht: VdF Ralph Meyer