2007 Großeinsatz, Unwettereinsätze im gesamten Stadtgebiet Delbrück - In Sintflut sterben 8000 Junghennen

 

In »Sintflut« sterben 8000 Junghennen

Innenstädte unter Wasser ­ Häuser überflutet

Von Jürgen Spies, Karl Pickhardt und Axel Langer
 
Delbrück/Kreis Paderborn  (WV). 8000 Junghennen ertrinken, Häuser sind von Wassermassen eingeschlossen und überall kämpfen Menschen verzweifelt gegen die Flut. Wolkenbruchartige Regenfälle haben allein in Delbrück nach Einschätzung von Wehrführer Reinhard Brand (47) 25 bis 30 Millionen Euro Schaden angerichtet.
Wie eine Sintflut ergießen sich in der Nacht zum Freitag Wassermassen über das Paderborner Land. Besonders betroffen sind Delbrück und Hövelhof. Solche gewaltigen Regenschauer haben auch ältere Menschen seit mindestens 40 Jahren nicht mehr erlebt. 117 Liter Wasser pro Quadratmeter werden in Delbrück innerhalb von 24 Stunden laut dem Wetterdienst Meteomedia gemessen. Die Lange Straße in Delbrück wird zum Sturzbach, Gullideckel schießen am Kirchplatz einen halben Meter in die Höhe.

Der Obi-Baumarkt wird überflutet. In Nordhagen kommen in der Geflügelzuchtanlage Franzsander 8000 Junghennen ums Leben. Auf einer anderen Hühnerfarm bringen 50 Feuerwehrmänner in Delbrück 1500 Hühner in Sicherheit. Das überlastete Telefonnetz bricht zweitweilig im Festnetz und Mobilfunk zusammen. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk (THW) retten ältere Menschen aus Kellerwohnungen und springen im Caritas-Altenheim ein.
Am Freitagmorgen wird das Ausmaß der Schäden bei Tageslicht erst deutlich:
Besonders in Nordhagen, Lippling, Schöning oder Ostenland heißt es Land unter. Schlimm sieht es für Häuser am Birkenkamp in Delbrück aus: Einige
Häuser sind von Wasser umflutet und können nur per Boot erreicht werden. Der kleine Grubebach hat weite Teile überschwemmt. Auch beim
Polstermöbelhersteller Gepade dringt Wasser ein. Feuerwehr und THW reißen am Birkenkamp den Weg auf, um den Druck der Wassermassen zu entlasten. Die Flut hatte sich vor einer Brücke gefährlich aufgestaut.
In Hövelhof ruft die Firma Geha nachts ihre Leute zum Einsatz, um Firmengebäude von Wasser zu befreien. Der Kernort Hövelhof steht bis zu 40
Zentimeter unter Wasser. Wie in Delbrück werden auch in Hövelhof Straßen gesperrt. Landwirt Dieter Hils kann selbst mit seinem Traktor in Espeln
nicht mehr vom Hof: Der Landwirt fährt im Boot.
Im Paderborner Land laufen etwa 1000 Keller voll. Betroffen sind auch Paderborn, Bad Lippspringe und Altenbeken. Wasser dringt in die evangelische
Paul-Gerhardt-Gemeinde in Sennelager ein. »Durch Rückstau und von außen eindringendes Regenwasser sind die Kinder- und Jugendräume im Untergeschoss unseres Gemeindezentrums überflutet worden«, berichtet Pfarrer Ulrich Grenz.
Das Altenheim Haus Heilandsfrieden in Schloß Neuhaus wird von der Feuerwehr mit Sandsäcken vor dem Hochwasser aus dem Mömmenbach geschützt. Mit zehn Pumpen kann die komplette Flutung des Heizölkellers und ein Umkippen der Tanks verhindert werden.
Beim BIB am Fürstenberg verhindert die Wehr mit Pumpen ein Eindringen des Wassers in die Klimazentrale. Die Regenflut hatte sich auf dem Parkplatz
gestaut, weil die Pader voll war.
In Altenbeken meldet die Feuerwehr 31 Einsätze. Dort wird der Kuhlhornbach zum Schutz eines Vierfamilienhauses mit Sandsäcken in sein Bett gelenkt.
Feuerwehren und THW fahren pausenlos Einsätze. Bei Polizei und der Kreisleitstelle in Büren-Ahden laufen im Sekundentakt Hilferufe ein. »Ich
fühle mich wie auf den Halligen«, fleht eine Anruferin um Hilfe.
Am Freitagabend setzten neuerliche heftige Regenschauer ein, die schon wieder für zahlreiche Notrufe und Feuerwehreinsätze sorgten.(Lokalseite 2)

Im Einsatz bis zur Erschöpfung

Delbrück/Hövelhof (WV). Bis zur Erschöpfung waren beim Unwetter in Delbrück und Hövelhof 500 Feuerwehrkräfte aus dem gesamten Paderborner Land uhd Rietberg im Einsatz. 150 THW-Kräfte aus Büren, Paderborn, Delbrück, Gütersloh und Detmold unterstützten die Arbeit. Das Deutsche Rote Kreuz war in Delbrück mit etwa 55 Helfern im Einsatz. Nachts um 3 Uhr wurden die Einsatzkräfte ausgetauscht. In Bentfeld im Kieswerk Ridder wurden viele hundert Sandsäcke gefüllt.

Fotos: Westfälisches Volksblatt


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